Beim Westpfalz-Klinikum wurden von den knapp 1.500 Mitarbeitenden im Pflegedienst rund 12 Prozent aus dem Ausland angeworben. Die stellvertretende Pflegedirektorin Katja Brück-Hansen berichtet über ihre Ideen zu Integrationsplänen sowie einen strukturierten Onboarding-Prozess.

 

Unsere internationalen Pflegekräften haben wir zunächst in Italien angeworben, da uns die Kultur sehr nahe und die hochschulische Ausbildung angesehen ist, was die Integration durchaus erleichtert hat. Allerdings sind die italienischen Mitarbeitenden aufgrund der Corona-Pandemie und dem damit verbundenen Heimweh zurück in ihr Heimatland gegangen. Seit einigen Jahren suchen wir verstärkt im Balkan, in der Türkei, Tunesien und Südamerika. Hier haben wir fachlich gut ausgebildete und motivierte Pflegefachpersonen gewinnen können.

Motivation im Herkunftsland aktiv nutzen

Durch die Kooperation mit mehreren Personalagenturen können wir das dringend benötigte Fachpersonal parallel in verschiedenen Ländern anwerben. Sind die neuen Mitarbeitenden im Ausland gefunden, dann beginnt für uns der Onboarding-Prozess, um diese adäquat zu begleiten. Diesen Prozess unterteilen wir in die Motivations- und Integrationsphase, wobei diese immer wieder individuell geprägt sind.

Die Motivationsphase beginnt schon im Herkunftsland, indem wir den „Neuen“ ein Bild zur deutschen Kultur, zum Leben und zu den Aufgaben in der Pflege im Westpfalz-Klinikum anhand von Präsentationen und Flyern vermitteln. Über unsere Ansprechpartner vor Ort kennen wir den Stand der Einreiseplanungen, Sprachkenntnisse und Lebensumstände der Kandidat:innen.

Noch im Heimatland müssen diese ihre Sprachkenntnisse auf B1-Niveau schulen, nach der Ankunft in Deutschland werden von uns weitere Sprachqualifikationsmaßnahmen bis B2 organisiert. Diese finden in unterschiedlichen Settings statt, entweder online integriert in den Vorbereitungskursen auf die Kenntnisprüfung oder als Präsenzunterricht an unseren Sprachschulen. Die Kosten werden von uns als Arbeitgeber getragen, über einen Bildungsgutschein oder das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) refinanziert.

Interkulturelle Kompetenz in heimischen Teams fördern

Auch die Integrationsphase setzt frühzeitig ein und beginnt bereits mit der Vorbereitung der etablierten Pflegeteams. Die Kolleg:innen und Vorgesetzten werden in das bevorstehende Prozedere einbezogen. Die Stationen benennen Paten, die sich in den ersten Monaten intensiv um die internationalen Pflegekräften kümmern, ihnen allen zeigen und auch Ansprechpartner für private Themen sind.

Unsere fünf Praxistipps:

1. Überaus wichtig ist es, die Teams und die internationalen Pflegefachpersonen eng zu begleiten, zu unterstützen und als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Denn leider funktioniert das Patenkonzept nicht immer auf allen Stationen. Die einheimischen Mitarbeitenden gehen häufig mit einer abwartenden Haltung auf die ausländischen Kolleg:innen zu. Die zunehmende Arbeitsbelastung, der Mehraufwand bei der Einarbeitung und unterschiedliche Ansichten  machen es oft schwer, empathisch und offen mit neuen Kolleg:innen umzugehen.

2. Wir empfehlen den Teams dringend, hochdeutsch zu sprechen. Denn für die ausländischen Kolleg:innen bilden die deutsche Sprache und der jeweilige Dialekt – gerade in der Pfalz – eine große Hürde.

3. Beide Seiten, Team und Neuling, müssen verstehen und aufgeklärt werden, wie die internationale Pflegekraft ausgebildet wurde. Im Heimatland haben die Mitarbeitenden selbstständig in ihrem Beruf gearbeitet, während sie in der Anerkennungsphase bei uns wie Krankenpflegehelfer tätig sind und bestimmte Aufgaben nur unter Aufsicht einer examinierten Pflegekraft durchführen dürfen.

4. Die lange Phase des Anerkennungsverfahrens gekoppelt mit der sprachlichen Förderung erfordert hohe personelle Ressourcen in allen Bereichen. Der bürokratische Aufwand von der Anreiseplanung bis zur Berufsanerkennung ist enorm. Wir warten aktuell etwa acht bis zehn Wochen auf die Ergebnisse der B2-Prüfungen, so dass sich damit auch der Anerkennungsprozess verzögert. Daher plädieren wir dafür, dass die Vorbereitung auf die Anerkennung schon im Heimatland begonnen und dies refinanziert wird.

5. Der Austausch mit Netzwerkpartnern ist ein großer Gewinn. Eine wertvolle Unterstützung bieten Initiativen wie MATCH. Der gegenseitige Austausch, die Hilfe beim Anerkennungsprozess und die Weitergabe von Informationen vermitteln neue Impulse, Sichtweisen und Ideen für den Alltag in den Einrichtungen.

Kümmern ist das A und O

Die Übernahme der ausländischen Mitarbeitenden ist für uns ein besonderes Juwel. Wir investieren viel Zeit und Ideen in unsere Integrationspläne, reflektieren dies im Team und passen unsere Pläne auch individuell an die Mitarbeitenden an. Der Einsatz lohnt sich: Mittlerweile haben wir sogar einige internationale Bewerbungen aufgrund von Mundpropaganda erhalten. Auch wenn die Integrationsarbeit komplex und langfristig ausgerichtet ist, ist es absolut richtig, sich mit Blick auf den verschärften Personalmangel professionell in diesem Bereich aufzustellen. Perspektivisch werden wir noch stärker die interkulturelle Kompetenzen fördern, da sich im Laufe der Jahre bei uns eine bunte internationale Vielfalt in den Teams gebildet hat.

 

Der Autorenbeitrag ist erstmals in ungekürzter Form auf Bibliomed Pflege am 15.12.2022 erschienen.

  1. sadas Mai 19, 2023 at 14:38 - Reply

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