Die neue Fachsprachenprüfung wird den Anerkennungsprozess und die Sprachausbildung für internationale Pflegekräfte verändern. In den Bundesländern Bremen und Bayern wird dazu aktuell Pionierarbeit geleistet, weitere Bundesländer folgen in 2023.
Gerade in den Pflegeberufen, in denen mangelndes Sprachverständnis in den Teams und im Umgang mit den Betroffenen schwerwiegende Folgen haben kann, ist das Erlernen der deutschen Sprache ein entscheidender Schlüssel bei der nachhaltigen Integration von internationalen Fachkräften. Daher sollte sich jede Einrichtung mit der neuen Prüfungsordnung auseinandersetzen.
Uneinheitliche Umsetzung in den Bundesländern
Eine große Herausforderung ist, dass die Fachsprachenprüfung uneinheitlich in den Bundesländern umgesetzt wird. Den ersten Schritt machen die nördlichen Länder und Bayern. So hat das Norddeutsche Zentrum für die Weiterentwicklung der Pflege (NDZ) mit der passage gGmbH ein Prüfungsformat entwickelt, das seit dem 1.11.2022 in Bremen und ab dem 1.01.2023 in Hamburg angewandt wird. Ab Mitte 2023 folgen Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.
In Bayern wird die Fachsprachenprüfung über das Bayerische Landesamt für Pflege (LfP) bereits für ausgewählte Gesundheitsberufe umgesetzt und die Pflegeberufe kommen ab dem 1.07.2023 zum Tragen. Die Einführung der Fachsprachenprüfung in Niedersachen, Brandenburg, Berlin und Sachsen- Anhalt ist noch nicht fest terminiert. Die anderen Länder haben bisher noch kein konkretes Interesse angemeldet.
Sprachprüfungen basieren auf Szenarien
Die Einführung der Fachsprachenprüfung für Gesundheitsberufe ist auf ein Eckpunktepapier der Gesundheitsministerkonferenz aus Juni 2019 zurückzuführen. Das neue Prüfungsverfahren umfasst dann neben schriftlichen Inhalten auch simulierte Gesprächssituationen aus der Berufspraxis aufbauend auf dem Sprachniveau B2. Damit sollen reale und vielseitige Situationen aus dem Pflegealltag in der Prüfung abgefragt werden. Die allgemeinsprachlichen Zertifikate und Diplome zur Überprüfung der erforderlichen Sprachkenntnisse sollen damit abgelöst werden.
Verzögerungen als Gift für die Personalgewinnung
Duniel Cardenas-Rodriguez, Co-Initiator bei Match, sagt: „Grundsätzlich begrüßen wir es sehr, dass internationale Pflegefachkräfte nicht nur die deutsche Alltagssprache, sondern auch die Fachsprache in der Pflege erlernen, um in ihrem beruflichen Arbeitsumfeld sicher kommunizieren zu können. Doch wir müssen sicherstellen, dass die Fachsprachenprüfung nicht zu einem Flaschenhals im Einwanderungs- und Anerkennungsprozess für Gesundheitsfachkräfte führt.“
So dürfen die neuen Strukturen im Prüfungsverfahren nicht zu weiteren Verzögerungen bei der Anwerbung und Anerkennung von Pflegefachkräften führen. „Dies wäre Gift für die Gewinnung von ausländischem Personal, das dringend erforderlich ist, um dem Pflegenotstand hierzulande zu begegnen“, ergänzt der Pflegeexperte Cardenas-Rodriguez und führt fort: „Zudem treibt uns die Sorge, dass das Sprachniveau absinkt und nicht mehr die Tiefe vom B2 Sprachniveau abgedeckt wird.“
Durch das neue Prüfungsverfahren bestünde die Gefahr, dass das Szenarien-basierte Lernen für die spezielle Prüfungssituation trainiert wird und weniger die Alltagssprache. Daher sollten auch geeignete und geförderte Sprachangebote mitgedacht werden und bereits während der Qualifizierungsphase in Deutschland mit einfließen.
Anerkennungs-Tourismus unter den Bundesländern
Eine weitere Hürde stellt die unterschiedliche Vorgehensweise zur Fachsprachenprüfung in den Bundesländern dar. Der MATCH-Verantwortliche betont: „Dies könnte zum Selektionsprozess unter den Ländern führen und einen Anerkennungs-Tourismus auslösen.“ Denn Pflegefachkräfte und Personalagenturen werden möglicherweise Bundesländer mit herkömmlichen Prüfungsverfahren bevorzugen, da dort der Nachweis über B2 oder B2-Pflege schon im Ausland abgelegt werden kann und dies die Migrationsentscheidung für die Fachkräfte erleichtert.
Sprachangebote in den Einrichtungen schaffen
Die Diskussionen im Expertenkreis mit den verantwortlichen Institutionen zeigen, dass wichtige Punkte in der Umsetzung der Fachsprachenprüfung noch ungeklärt sind und dies zeitnah und praktikabel erfolgen sollte. Dies sorgt für Unsicherheiten auf Seiten der Prüflinge und der Einrichtungen. Wichtig ist es für die Verantwortlichen in den Gesundheitseinrichtungen, sich über den aktuellen Stand der Prüfungsordnungen zu informieren und ihre Pflegefachkräfte aus dem Ausland bei der Sprachausbildung zu unterstützen. Sie sollten stets Angebote schaffen, um die Sprachpraxis zu fördern. Denn dies beschleunigt den Integrationsprozess und sorgt für ein langfristiges Bleiben des internationalen Pflegepersonals.
In Hinblick auf die Fachsprachenprüfung stehen erste Umsetzungsprojekte in einzelnen Ländern an und dies kann ein wertvoller Lernprozess für die anderen Länder sein. „Ob das neue Prüfungsverfahren tatsächlich ein Flaschenhals für die Anerkennung darstellen wird, das können wir heute noch steuern und rechtzeitig für Klarheit im Prüfungsverfahren sorgen“, resümiert Cardenas-Rodriguez. Wichtig wird es sein, einheitliche Regelungen in den Bundesländern zu etablieren, so dass kein Flickenteppich droht.
Der Beitrag ist in ähnlicher Form in Health & Care Management am 17.01.2023 veröffentlicht worden.