Die Abläufe zur Anerkennung sind regional unterschiedlich und mit der MATCH Veranstaltungsreihe auf Bundesebene soll der Erfahrungsaustausch gefördert werden. Was können wir aus den Netzwerk-Veranstaltungen lernen?
Robert Mittelstädt und Duniel Cardenas-Rodriguez, beide Co-Initiatoren von MATCH und beim Bildungsträger Lingoda zuständig für die Qualifizierung internationaler Pflegekräfte, fassen Ihre Erkenntnisse zur internationalen Pflege zusammen.
1. Persönliches Engagement der Beteiligten entscheidend
Die Integration von internationalen Pflegekräften erfordert ein hohes persönliches Engagement der Beteiligten und personelle Ressourcen zur Integration in der Einrichtung sowie die Unterstützung der Einrichtungsleitung. Der Ablauf von der Kandidatenauswahl bis zur Anerkennung, der etwa 18 bis 24 Monate andauert, sollte detailliert geplant und begleitet werden. Dazu gehören einerseits Maßnahmen für das persönliche Ankommen im neuen Zuhause sowie die Begleitung der behördlichen Erfordernisse. Zum anderen sollten Sie auch das Team vor Ort durch interkulturelle Trainings, Mentoring-Programme u.a. in den Prozess einbeziehen.
2. Auf Nationalitäten-Mix achten
Empfehlenswert ist es – je nach Größe der Einrichtung – mehrere Nationalitäten bei der Auswahl von Fachkräften aus dem Ausland zu mischen. So wird die Gefahr einer größeren Kündigungswelle aus einem Kulturkreis vermieden. Gleichzeitig sollte möglichst immer eine Kleingruppe aus ein und demselben Land im Unternehmen sein, das erhöht das Wohlfühlbefinden. Eine konfessionelle Ausrichtung kann bei der Auswahl der Herkunftsländer ebenfalls eine Rolle spielen, wenn es z.B. um kirchliche Träger und die Integration in die bestehenden Teams geht, auch wenn diese oft schon interkulturell besetzt sind. Bewährt haben sich Anwerbungen aus Asien, dem Westbalkan und seit Kurzem auch aus Südamerika und Indien.
3. Anwerbephase zum Vertrauensaufbau nutzen
Im optimalen Fall sollten Sie die Kandidatenauswahl im Heimatland vornehmen. Videocalls bieten inzwischen eine gute Alternative zum gegenseitigen Kennenlernen. Wichtig ist es auch, bereits in der Anwerbephase in Kontakt mit den Kandidat:innen zu bleiben und die Sprachunterstützung im Heimatland zu begleiten. Ziehen Sie ggf. bei der Vermittlung eine vertrauenswürdige Personalagentur oder Institution hinzu. Ein Kriterium für die Partnerwahl ist beispielsweise das neue Gütesiegel „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“.
4. Fördermöglichkeiten ausschöpfen
Nutzen Sie die Fördermöglichkeiten vollumfänglich aus. Neben den beschränkten staatlichen Förderprogrammen gibt es mittlerweile Anbieter mit durch die Bundesarbeitsagentur geförderten Vorbereitungskursen und Kenntnisprüfungen, die sich auf die Pflege spezialisiert haben. So werden Ihnen bzw. den ankommenden Fachkräften die Kosten für notwenige Vorbereitungskurse und B2-Sprachqualifizierungen refinanziert. Beachten Sie auch, dass strukturierte Sprachangebote gerade in der Wartezeit auf das Visum genutzt werden sollten, auch wenn diese im Ausland nicht gefördert werden. Informieren Sie sich auch über regionale Förderprogramme, wie z.B. zur Ausbildung von Pflege-Azubis aus Nicht-EU-Ländern, die das Land Thüringen bezuschusst.
5. Dranbleiben beim Anerkennungsverfahren
Das Anerkennungsverfahren in Deutschland ist föderal geprägt. Dadurch hat jedes Land seine eigene Verwaltungspraxis. Dass diese Prozesse transparent und langfristig vereinheitlicht werden, dafür setzt sich MATCH ein. Daher nutzen Sie regionale Netzwerk-Angebote.
Eine weitere Hürde sind die Prozesse zu den Sprachkenntnisprüfungen. Krankenpflegeschulen sind oftmals überlastet und in vielen Ländern dürfen Pflegeschulen diese Prüfungen nicht in Altenpflegeeinrichtungen abnehmen. Auch hier gilt es, sich frühzeitig für die internationalen Pflegekräfte einzusetzen und den Austausch mit den relevanten Akteuren auf regionaler Ebene zu suchen.
6. Integration benötigt Zeit und Wertschätzung
Die Pflegekräfte aus dem Ausland sind einer vielfachen Belastung ausgesetzt: Sie leben in einem neuen Land, verständigen sich in einer neuen Sprache, müssen neue fachliche Inhalte lernen (z.B. zur Demenz oder Biografiearbeit) und ein neues soziales Umfeld aufbauen. Machen Sie sich und Ihren Kolleg:innen dies immer wieder bewusst. Integration erfordert Zeit und Rücksichtnahme.
7. Sprache als entscheidender Faktor
Sprachkompetenz ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Integration der Pflegekräfte in Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen. Wir sehen derzeit auch bei den Geflüchteten aus der Ukraine, dass ohne eine gemeinsame Sprache der Grundstein für ein soziales Miteinander fehlt. Hinzu kommt, dass in der Pflege durch die besondere medizinische Situation die Kommunikation im Team und mit den Bewohner:innen reibungslos funktionieren muss. Setzen Sie daher einen besonderen Fokus auf die Sprachausbildung.